Leichte Sprache ist kein geschützter Begriff und im Gegensatz zur Deutschen Gebärdensprache keine anerkannte Sprache. Leichte Sprache meint leicht lesbare Texte und wird als Eigenname groß geschrieben.
Zahlreiche Regelwerke halten Empfehlungen bereit und geben Orientierung. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) veröffentlichte 2013 gemeinsam mit dem Netzwerk Leichte Sprache einen Ratgeber. Dieser soll die Leichte Sprache weiter verbreiten und stellt Regeln und Tipps bereit, wie Fachsprache vereinfacht werden kann. Andere Regelwerke - wie von Inclusion Europe oder der Lebenshilfegesellschaft für Leichte Sprache - geben ähnliche Empfehlungen. Die Forschungsstelle Leichte Sprache der Universität Hildesheim hat die aus der Praxis entstandenen Regeln sprachwissenschaftlich aufbereitet und erweitert (Maaß, 2015). Für die Bereitstellung digitaler Texte in Leichter Sprache macht die BITV von 2019 gesetzlich verbindliche Vorgaben.
Eine einheitliche Norm für Leichte Sprache existiert bisher in Deutschland aber nicht. Die wichtigsten Sprachregeln, die in allen Regelwerken wiederzufinden sind, lassen sich kurz und knapp zusammenfassen:
Wortebene
- einfach
- konkret
- bekannt
Satzebene
- kurz und aktiv
- nur eine Aussage pro Satz
- Genitiv und Konjunktiv vermeiden
Textebene
- persönliche Ansprache
- klare Gliederung
- Beispiele und Erklärungen
Zusätzlich gibt es in den Ratgebern zahlreiche Hinweise für die Gestaltung von Texten und den Einsatz von Bildern. Im Idealfall sollen Menschen mit Leseschwierigkeiten den Text auf Verständlichkeit hin prüfen. Neben korrektem Deutsch und Respekt vor den Lesern ist Verständlichkeit das wichtigste Kriterium beim Erstellen von Texten in Leichter Sprache. Sie steht damit über Stil und geschlechtsneutraler Sprache.
Abgrenzung
Leichte Sprache und Einfache Sprache werden oft verwechselt. Bei beiden handelt es sich zwar um Sprachformen, die mit lexikalisch und grammatikalisch reduziertem Inventar auskommen – die Intention ist jedoch unterschiedlich.
Leichte Sprache möchte Informationen für eine benachteiligte Personengruppe zugänglich machen und zielt auf eine barrierearme Kommunikation. Der fokussierte Personenkreis hat extreme Schwierigkeiten beim Lesen und Verstehen eines Textes. Deshalb werden die Ausgangstexte beim Übertragen in Leichte Sprache nicht nur sprachlich, sondern oft auch inhaltlich stark vereinfacht. Auch wenn kein einheitlicher Standard existiert, gibt es zahlreiche Regelwerke und Empfehlungen.
Einfache Sprache richtet sich an die Mitte der Gesellschaft und will Informationen für eine breite Bevölkerungsgruppe zugänglich machen. Texte in Einfacher Sprache geben den Inhalt vollständig und korrekt in einer besser verständlichen Form wieder. Im Gegensatz zu den vielen Regelwerken für Leichte Sprache gibt es für die Einfache Sprache lediglich einige Empfehlungen, wie sprachliche Stolpersteine vermieden werden können (vgl. Neubauer, 2019).
Die Unterschiede zwischen den beiden Sprachformen lassen sich auf den Kompetenzlevels des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens abbilden. Texte in Leichter Sprache entsprechen ungefähr dem Niveau A1 bis A2 beim Fremdsprachenerwerb (elementare Sprachverwendung). Texte in Einfacher Sprache richten sich an ein heterogenes Publikum und können zwischen den Sprachniveaus von A2 bis B2 (selbständige Sprachverwendung) variieren.
Ausblick
Im Frühjahr 2020 rief das Deutsche Institut für Normung dazu auf, sich an der Erarbeitung einer Richtlinie für Leichte Sprache zu beteiligen und ein Konsortium zu bilden. Angesprochen waren Akteure aus den Bereichen Wissenschaft, Übersetzung und Design mit Expertise in Leichter Sprache sowie Vertretende der öffentlichen Hand.
Im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales sollen „Empfehlungen für Deutsche Leichte Sprache“ entstehen. Das geplante Vorhaben dient dazu, die gesetzlichen Anforderungen aus der BITV 2.0 zu präzisieren und zu erfüllen. Öffentliche Stellen in Bund, Ländern und Kommunen erhalten mit der Empfehlung ein Instrument der Qualitätssicherung für das Verfassen, Übersetzen und Gestalten von Texten in Leichter Sprache. Vor der endgültigen Publikation soll der Öffentlichkeit ein erster Entwurf vorgestellt und eine Diskussion angeregt werden.
Quellen:
Bredel, Maaß: Ratgeber Leichte Sprache: Die wichtigsten Regeln für die Praxis. Berlin: Duden, 2016.
Neubauer: Einfache Sprache. Lizenz. www.einfache-sprache.com, 2019.