Offene Bücher liegen übereinander

Vom Wunsch zum Recht

Leichte Sprache wurde 2011 erstmalig in einem deutschen Gesetzestext (BITV 2.0) erwähnt und gewinnt in allen gesellschaftlichen Bereichen immer mehr an Bedeutung.

Den Ursprung hat das Konzept in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In Amerika schlossen sich Menschen mit Behinderung zusammen und gründeten 1974 den Verein People First. Sie verlangten nach mehr Mitbestimmung und Beteiligung am gesellschaftlichen Leben. „Easy Read!“ So lautete ab 1996 eine der zentralen Forderungen.
Auch in vielen Ländern Europas gab es Vereine und Initiativen, die sich für die Leichte Sprache einsetzten. Inclusion Europe, ein europäischer Verband, der sich für die Rechte von Menschen mit Behinderung und die Interessen ihrer Familien in ganz Europa einsetzt, hat 2009 mit seinem Pathway-Projekt internationale Standards geschaffen, wie Leichte Sprache europaweit umgesetzt werden kann. Das blaue easy-to-read Logo ist weithin bekannt.

In Deutschland war es das Netzwerk Leichte Sprache, das dem Konzept zum Durchbruch verholfen hat. Seit dem Zusammenschluss verschiedener Akteure aus der Eingliederungshilfe im Jahr 2006 engagiert sich das Netzwerk auch auf politischer Ebene und kämpft dort um eine gesetzliche Verankerung der Leichten Sprache.

Allen Akteuren ist eines gemeinsam: Der Impuls ging von den betroffenen Menschen aus. Sie waren es leid, bedeutende Informationen in Amtssprache lesen zu müssen. Wichtige Briefe wurden erst gar nicht geöffnet, Schreiben landeten im Müll, Antragsfristen und Termine wurden versäumt.

Teilhabe durch Leichte Sprache

Die Neufassung von Artikel 3 im Grundgesetz machte 1994 den Weg für eine rechtsverbindliche Regelung der Teilhabe von Personen mit Behinderung frei: Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Leichte Sprache ermöglicht Teilhabe und Mitbestimmung – ob in Politik und Kultur oder in der digitalen Welt.

Öffentliche Stellen sind hier besonders gefordert. Auf Bundesebene regeln das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und die Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV), wann und wo Leichte Sprache zum Einsatz kommen soll. Träger öffentlicher Gewalt sind angehalten, allen Menschen eine barrierefreie Kommunikation zu ermöglichen. Daran angelehnt, haben die Bundesländer jeweils eigene Gesetzte erlassen.

Gesetzliche Vorgaben in Hessen

Das Hessische Behinderten-Gleichstellungsgesetz (HessBGG) definiert in § 12 a einige Grundsätze für die Kommunikation zwischen öffentlichen Stellen und Menschen mit geistiger oder seelischer Beeinträchtigung. Öffentliche Stellen sollen mit den betroffenen Menschen in einer für sie verständlichen Sprache kommunizieren und bei Bedarf Erläuterungen in Leichter Sprache zur Verfügung stellen. Darüber hinaus sollen mehr Informationen in Leichter Sprache angeboten werden und die Kompetenzen für das Verfassen von Texten in Leichter Sprache auf- und ausgebaut werden.

Die Hessische Verordnung über barrierefreie Informationstechnik (HVBIT) gewährleistet die barrierefreie Bereitstellung digitaler Angebote und schreibt in
§ 3 Absatz 3 vor, was auf der Startseite von Internet- oder Intranet-Angeboten der öffentlichen Stellen in Leichter Sprache erläutert werden soll:

  • Informationen zum Inhalt der Seite
  • Hinweise zur Navigation
  • Hinweise auf weitere Inhalte in Leichter Sprache

Idealerweise finden sich die genannten Informationen immer an der gleichen Stelle der Seite und können von dort zentral angesteuert werden. Leichte Sprache ist damit ein wichtiger Teil der digitalen Barrierefreiheit und in einer Zeit der fortschreitenden Digitalisierung nicht mehr wegzudenken.

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