Barrierefreie Computerspiele: Warum sie für die digitale Teilhabe im Freizeitbereich wichtig sind

Computerspiele erfreuen sich seit Jahren steigender Beliebtheit bei allen Personengruppen. Mit Umsätzen im Milliardenbereich nehmen sie einen großen Anteil im Unterhaltungsmarkt ein.

Computerspiele erfreuen sich seit Jahren steigender Beliebtheit bei allen Personengruppen. Mit Umsätzen im Milliardenbereich nehmen sie einen großen Anteil im Unterhaltungsmarkt ein. Die Palette reicht hierbei von Action-, über Fantasy- bis hin zu Strategiespielen. Für nahezu jeden „Zocker“ bieten entsprechende Titel die Gelegenheit für kurzweilige Stunden alleine oder in Mehrspielerpartien mit anderen. Hierin zeigt sich das Potential von Computerspielen zur Steigerung der digitalen Teilhabe und zur Inklusion.

Computerspiele haben längst ihr Image als Zeitvertreib für wenige abgelegt: „Zocken“ und „Daddeln“ sind in. Neben Casual Games, Spielen für zwischendurch, lassen technisch hochkomplexe Spiele mit einer realitätsnahen Grafik Spielende in andere Welten eintauchen.

Untersuchungen kommen zu dem Schluss, dass Spielen alles andere als ein sinnloser Zeitfresser ist – natürlich vorausgesetzt, dass es in Maßen stattfindet. So verbessert die Nutzung von Computerspielen in vielen Fällen kognitive Fähigkeiten wie die visuell-räumliche Wahrnehmung, das bei der Orientierung hilft. Weiterhin werden Problemlösefähigkeiten und die Motorik geschult.

Ebenso werden in Mehrspielersituationen die sozialen Interaktionen gefordert und somit trainiert, was ebenfalls positive Auswirkungen auf das reale Leben haben kann. Mit E-Sports haben sich Computerspiele mittlerweile sogar als Sportarten etabliert, bei denen Profis in Turnieren um Preisgelder spielen.

Die genannten Aspekte zeigen, dass Computerspiele integraler Bestandteil des sozialen Lebens sind und Gemeinschaft fördern. Hier zeigen sich auf der einen Seite das Potenzial für die Steigerung der Teilhabe von Menschen mit Einschränkungen, auf der anderen Seite jedoch auch die Herausforderungen, die mit der barrierefreien Umsetzung von Spieleformaten einhergehen.

Die große Spannweite von kognitiven und körperlichen Einschränkungen stellt spezielle Anforderungen an Spieleentwickelnde, wenn diese ihre Produkte allen Nutzendengruppen zur Verfügung stellen wollen.

Die Game accessibility guidelines stellen eine Liste von Kriterien zur barrierefreien Umsetzung von Spielen bereit, die verschiedenen Schwierigkeitsgraden (Basic, Intermediate, Advanced) und Zielbereichen (Motorische und kognitive Einschränkungen, Seh- und Höreinschränkungen) zugeordnet sind. Sie sind das Ergebnis der Zusammenarbeit von Spieleentwickelnden und Industriespezialisten mit dem Ziel barrierefreie Spiele zu fördern. Hierbei handelt es sich um Empfehlungen und keine verbindlichen Standards.

Menschen mit körperlichen Einschränkungen, die Schwierigkeiten mit der Bedienung von Maus und Tastatur haben, sind möglicherweise auf eine anpassbare Steuerung wie die Änderung von Tastenkombinationen oder Anpassung der Mauszeigergeschwindigkeit angewiesen.

Auch auf die Methoden zur Spielsteuerung sollten Entwickelnde achten: Nicht jeder Spielende kann einen Controller im vollen Umfang nutzen, hier sind alternative Bedienkonzepte und Eingabemethoden gefragt. Es kann hier z.B. hilfreich sein, wenn das Spiel über eine Spracheingabeunterstützung verfügt. Schwierige Tastenkombinationen können ebenfalls überfordernd sein, so dass hier auch Fokus auf die Einfachheit gelegt werden sollte.

Es ist über alle Einschränkungsarten hinweg zu empfehlen, eine Funktion zur Anpassung der Spielgeschwindigkeit zu integrieren, um Spielabläufe für jeden erfahrbar und bedienbar zu machen. Die Regelung der Spielgeschwindigkeit sollte über die Einstellungen leicht zu erreichen sein und sollte alle Animationen und Spielabläufe umfassen.

Bei Einschränkungen der Sehfähigkeit können hohe Kontraste und die Möglichkeit zur Anpassung von Farben für eine bessere Erkennbarkeit von Figuren und Objekten sorgen. Ein unzureichender Farbkontrast zählt zu den größten Barrieren, die den Bereich der Seheinschränkungen betrifft. Es sollte ein Vordergrund/Hintergrund-Kontrast von mindestens 4.5 : 1 gegeben sein.

Nicht nur Spielende mit Höreinschränkungen können den gesprochenen Dialogen zwischen Spielfiguren besser folgen, wenn Untertitel vorhanden sind. Untertitel sollten für alle spielrelevanten Dialoge und Redesequenzen vorhanden sein. Neben dem Inhalt ist auch die Darstellung der Untertitel wichtig, damit sie lesbar sind. Dazu zählen eine empfohlene Mindestgröße von 46 Pixeln und eine Begrenzung von 40 Zeichen pro Zeile. Zusätzlich ist es denkbar Audiodeskription zur Beschreibung von Spielszenen einzusetzen.

Da es sich bei Computerspielen um technisch ausgefeilte Anwendungen handelt, können bei der Entwicklung die grundlegenden Prinzipien zur Umsetzung barrierefreier Software herangezogen werden. Computerspielehersteller sollen sich zur Beschäftigung mit diesen Prinzipien ermutigt fühlen.

Auch wenn es noch keine rechtlichen Vorgaben zur barrierefreien Gestaltung von Computerspielen gibt, so lassen sich weiterhin die Web Content Accessibility Guidelines als grundlegende Prinzipien zur barrierefreien Gestaltung von Webseiten auch auf Computerspiele übertragen: Dies betrifft beispielsweise Text (Textgröße ändern, Kontrast und Textabstand), die durchgängige Bedienbarkeit per Tastatur, Pause und Stopp von Animationen und Videos sowie Alternativtexte von Bildern.

In der Regel sind Wissensressourcen zur Förderung von Barrierefreiheit in Computerspielen auf Initiative von privaten Entwicklern und Unternehmen zurückzuführen. Im Netz finden sich hierzu entsprechende Handreichungen, Checklisten und Best Practice-Sammlungen.

Wenn sich Entwickelnde einmal mit den grundlegenden Gestaltungsprinzipien für barrierefreie Spiele auseinandergesetzt und sie in ihren Produkten berücksichtigt haben, verursachen sie im weiteren Entwicklungsprozess keinen nennenswerten Mehraufwand. Der Lohn für die Auseinandersetzung mit diesem Thema ist die Förderung der kulturellen Teilhabe von Menschen mit Einschränkungen und ihrer Inklusion. Zudem erweitert man damit die eigene Zielgruppe, was in einer erhöhten Produktnachfrage und einem gesteigerten Bekanntheitsgrad münden kann.

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