1. Einleitung
Für die meisten Menschen ist es heutzutage normal, viele Angelegenheiten des täglichen Lebens im Internet zu erledigen. Jedoch wird ein Großteil dieser Angebote von privaten Wirtschaftsakteuren zur Verfügung gestellt. Demgegenüber befindet sich die Digitalisierung der Verwaltung in ihrer Entwicklung noch am Anfang, sodass viele Behördengänge noch relativ analog ablaufen.
Um die Digitalisierung der Verwaltung zu beschleunigen, wurde im Jahr 2017 das „Onlinezugangsgesetz“ (OZG) erlassen und im Juli 2024 überarbeitet. In diesem Gesetz ist festgelegt, welche Leistungen der Verwaltung digitalisiert werden müssen. Hieraus ist ein Katalog von momentan 575 Verwaltungsleistungen entstanden, deren digitale Umsetzung durch das OZG vorgeschrieben ist.
2. Fokusleistungen des OZG
Um die Umsetzung der Digitalisierung der Verwaltung zu beschleunigen, wurden 16 Fokusleistungen ausgewählt, deren flächendeckende Digitalisierung mit besonderer Priorität umgesetzt werden soll. Dabei handelt es sich um Leistungen, die für viele Bürgerinnen und Bürger, sowie Unternehmen als relevant eingestuft worden sind.
Um die Entwicklung dieser Fokusleistungen zu vereinfachen, sollen diese möglichst von einem Bundesland entwickelt und den anderen staatlichen Akteuren zur Nachnutzung angeboten werden. Damit soll die Entwicklung kostentreibender Doppelstrukturen vermieden werden. Dieses Prinzip wird in Fachkreisen auch „EfA-Prinzip“, also „Einer für Alle-Prinzip“ genannt.
Zu den ausgewählten Fokusleistungen gehören beispielsweise die Beantragung von Wohngeld, die digitale Beantragung eines Führerscheins, alle Leistungen rund um den elektronischen Personalausweis und die Beantragung von Bürgergeld.
3. Die Umsetzung des OZG
Um die bereits digitalisierten Verwaltungsleistungen für Bürgerinnen und Bürger, sowie Unternehmen zugänglich zu machen, wurden mehrere Portale von Bund, Ländern und Kommunen geschaffen. Diese sind jeweils miteinander verknüpft, sodass alle Verwaltungsleistungen gebündelt an einer Stelle abgerufen werden können.
Eine solche Vorgehensweise ist besonders kostengünstig. So kann vermieden werden, dass jede einzelne Verwaltungsleistung von jedem Bundesland eigenständig und damit mehrfach entwickelt wird.
Für die Nutzenden entsteht der Vorteil, dass jede einzelne Leistung von sehr vielen anderen Nutzenden intensiv getestet wird, sodass Fehler schnell auffallen und zeitnah behoben werden können.
Zur Nutzung einiger Verwaltungsleistungen müssen sich Bürgerinnen und Bürger oder die Organisationen gegenüber der öffentlichen Stelle rechtssicher authentifizieren. Dieser zusätzliche Schritt könnte jedoch für weniger technikaffine Menschen eine zusätzliche Hürde darstellen, welche sie von der Nutzung der Online-Services abhalten könnte.
4. Die digitale Barrierefreiheit im OZG
Um gewährleisten zu können, dass die digitalisierten Verwaltungsleistungen von so vielen Menschen wie möglich genutzt werden können, ist in § 7 Abs. 2 des OZG festgelegt, dass bei der Umsetzung der Verwaltungsleistungen die digitale Barrierefreiheit der Webseiten und mobilen Anwendungen im Vordergrund stehen.
„(2) Der übergreifende Zugang zu elektronischen Verwaltungsleistungen, einschließlich der für diesen Zugang relevanten IT-Komponenten, ist nach Maßgabe der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung so zu gestalten, dass sie barrierefrei nutzbar sind.“
Indem im Gesetz auf die BITV 2.0 verwiesen wird, gelten für das OZG die allgemeinen Standards der digitalen Barrierefreiheit, wie sie auch für die digitalen Angebote des Bundes und der Bundesländer, wie Webseiten und mobile Anwendungen, verpflichtend sind.
Die Umsetzung der digitalen Barrierefreiheit auf technischer Ebene ist in der europäischen Norm EN 301 549 geregelt, auf welche die BITV 2.0 verweist. Zudem referenziert die DIN EN 301 549 die „Web Content Accessibility Guidelines“ (WCAG) in ihrer jeweils aktuellen Form.
Bezogen auf das OZG bedeutet dies, dass die oben erwähnten Verwaltungsportale von Bund, Ländern und Kommunen jeweils barrierefrei gestaltet werden müssen.
Um die Umsetzung der Verwaltungsleistungen des OZG zu vereinheitlichen, existiert die DIN SPEC 66336, sowie ein Service-Standard, der bestimmte Leitlinien bezüglich der Umsetzung des OZG festlegt.
Der Service-Standard besteht aus 19 Prinzipien, wobei sich das dritte Prinzip „Barrierefreiheit, Bürgernähe und Genderneutralität“ mit der digitalen Barrierefreiheit befasst.
Dieses Prinzip soll unter anderem dadurch umgesetzt werden, dass die Verwaltungsleistung einfach formuliert und mit bürgerinnen- und bürgernaher sowie genderneutraler Sprache umgesetzt wird.
Gemäß dem Service-Standard zeichnet sich die genderneutrale Sprache dadurch aus, dass die Anrede und das Geschlecht in Formularen nur dann abgefragt werden, wenn es einen fachlich nachvollziehbaren Grund dafür gibt. Sollte die Angabe von Anrede und Geschlecht notwendig sein, sollen auch die Angaben divers oder keine Angabe möglich sein.
Bezüglich der digitalen Barrierefreiheit wird auf die einschlägigen Normen und Standards verwiesen. Die digitale Barrierefreiheit soll im ganzen Online-Dienst berücksichtigt werden. Zusätzlich sollen Erläuterungen in Leichter Sprache und in Deutscher Gebärdensprache auf der Startseite des Webauftritts vorhanden sein.
Die digitale Barrierefreiheit bezieht sich auch auf PDF-Dokumente, die im Rahmen der digitalen Verwaltungsleistung zur Verfügung stehen. Diese müssen mit einem Screenreader auslesbar sein und dafür dem PDF U/A-Standard entsprechen.
Verwiesen wird auch auf die gesetzlich vorgeschriebene Erklärung zur Barrierefreiheit, die sich auf jeder Seite jedes Portals wiederfinden muss.
Fazit
Die Digitalisierung der Verwaltung bietet vielen behinderten Menschen die Möglichkeit, selbstständig Behördengänge auf digitalem Weg zu erledigen, ohne auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. Dies setzt aber voraus, dass die Digitalisierung konsequent durchgeführt wird und dabei die Grundsätze der digitalen Barrierefreiheit durchgängig beachtet werden.